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Mancinis Scharfblick

Lasst uns wie Migranten in Syrien Urlaub machen

19. August 2019 , Geschrieben von Claudio Michele Mancini

Wer heute preiswert Urlaub machen möchte und wenn Rimini oder Dubrovnik zu teuer geworden ist, der sollte unsere syrischen Freunde um Rat bitten. Sie geben uns gerne Auskunft über schöne Reiseziele in Kriegs- und Verfolgungsgebieten, denn selbst in Strandnähe kann man das eine oder andere Schnäppchen ergattern. Sonne, Palmen, Sandstrände und fantastische Sonnenuntergänge laden ein zum flanieren und relaxen.

Immerhin reisen immer mehr Schutzbedürftige und Gefolterte auf eine Stippvisite in ihre Heimat, um dort Freunde und Verwandte zu besuchen und um sich von den Strapazen ständiger Befragungen und andauernder Behördengänge zum Sozialamt zu erholen. Ich gebe zu, so ein Asylcontainer mit Vollausstattung und Totalversorgung ist wahrlich kein Zuckerschlecken, wenn man bedenkt, welchen Luxus man zuhause bislang gewöhnt war.

Unsereiner sollte sich keine allzu großen Gedanken machen, wenn wir uns entschließen sollten, uns rund um die traumhaften Regionen Tripolis, Batroun, Enfeh oder Al Minie einen All-inclusive-Urlaub zu gönnen, garantiert Bomben- und Granatsplitterfrei. Allerdings benötigten Deutsche einen gültigen Reisepass, im Gegensatz zu unseren Sozialgästen, die mehrheitlich bei ihrer Flucht sämtliche Ausweispapiere verloren haben und manchmal nicht einmal den eigenen Namen kennen. Für sie gibt es unbürokratische Einreisemöglichkeiten mit so genannten Übergangs- oder Ersatzpapieren, ein Privileg, was deutsche Urlauber in Syrien leider nicht in Anspruch nehmen können.

Einheimische, die temporär in unseren Sammellagern oder Asylheimen untergekommen sind, müssen jedoch in den einschlägigen Reisebüros ein „Übergangsticket“ beantragen, was selbstredend als Serviceleistung des syrischen Reiseveranstalters den Reisefreudigen Migranten mit und ohne Schutzstatus angeboten wird. Ab dann geht funktioniert die Abwicklung relativ unbürokratisch.

Wie Tichy, Focus, die Stuttgarter Zeitung berichtet haben, insbesondere aber in den sozialen Medien seit einiger Zeit darauf hingewiesen wird, nehmen immer mehr Syrer die Gelegenheit wahr, sich in ihrem Heimatland zu erholen und den anstrengenden Alltag mit lästigen Anträgen beim BAMF oder diskriminierenden Forderungen nach mehr Sozialleistungen hinter sich zu lassen. Kürzlich schrieb Aras Bacho, ein gut informierter Blogger, dass selbst wegen sexueller Übergriffe verurteilte Straftäter für mehrere Wochen ihre Familien in Latakia und Tartus aufsuchten und ihr Wiedersehen genossen. Auch deren Wunsch, sich wieder einmal in ihren Wüstendörfern in Salamiyya oder Al Quaryatayn vom Stress alltäglicher Angriffe und Provokationen durch Frauen auf deutschen Straßen zu erholen, ist nachvollziehbar.

Jedoch war deren Anreise ein wenig umständlicher, zumal sie einen kleinen Umweg über die Türkei und den Libanon machen mussten, um endlich ihre Lieben wieder in die Arme schließen zu können. Da haben wir Deutsche es etwas komfortabler. Immerhin bieten arabische Reisebüros „Nakhal“ und „Al-Outom“ Direktflüge an und ohne hinderliche Bestechungsgelder für Grenzer und Beamte abzuführen. Diese wiederum bleiben unseren syrischen Freunden aus Herne, Recklinghausen oder Wanne-Eikel nicht erspart, gerade wenn man die Reiseroute über den Iran gewählt und über die syrische Grenzstadt Qamischli einreisen will. Das kostet!

Nun ja, wir Deutsche haben immerhin großes Verständnis für unsere syrischen Almosenempfänger ohne Identitäten, wenn sie auch noch von ihren kärglichen Sozialhilfebeträgen bei ihrem Kurzbesuch in Tripolis, Aleppo oder Homs etwa 800 Euro pro Person abzweigen müssen, nur weil sie vom Heimweh getrieben das Dorf ihrer Kindheit einmal wiedersehen möchten. Auch die Rückkreise unserer syrischen Freunde ins deutsche Schlaraffenland gestaltet sich problemlos, wenn man weiß, wie man es anstellen muss.

Der arabische Reporter berichtete kürzlich, dass es gängige Praxis sei, mit syrischen Übergangspapieren wieder in das Transitland, zum Beispiel den Libanon und die Türkei auszureisen, und von dort aus mit deutschen Asylpapieren bei uns wieder einreisen. Sollte das Taschengeld für Bestechung der Grenzer nicht ausreichen, sind unsere Gäste leider gezwungen, über Dänemark zu reisen. Allerdings dürfen die Urlauber dann nicht vergessen, bei der Einreise nach Deutschland zu behaupten, man habe die Papiere verloren. 

Ich weiß, ich weiß, das Leben ist ungerecht. Auf der anderen Seite sollten wir Deutsche uns so viel Selbstwertgefühl bewahren, unsere Privilegien bei der Rückkehr aus dem Urlaub in Aleppo zu genießen. Schließlich haben wir unser schönes Geld bei Assad und in seinen preiswerten aber durchaus luxuriösen Unterkünften ausgegeben. Ich kann Urlaube in Syrien nur empfehlen, zumal es an den Urlaubsorten an nichts mangelt und man auch ein durchaus attraktives Nachtleben genießen kann. Auch die Verpflegung lässt keine Wünsche offen und so mancher Deutsche wird nicht nur das orientalische Lokalkolorit genießen, sondern auch seine verwöhnte Zunge zufriedenstellen.

Auch wenn unsere linksgerichtete Presse und insbesondere Vertreter unserer grünen Umweltpartei vehement abstreiten, man könne Syrien gefahrlos besuchen. Insbesondere der Spiegel zeigt eine geschäftsschädigende Haltung gegenüber Assad mit geradezu martialischen Berichten aus dem Land. Man liefe andauernd Gefahr, dass einem Panzer, Granaten, Sprengfallen, Haubitzen, Heckenschützen oder Raketenangriffe entspanntes Sonnenbaden an den Stränden vermiesen.

Insbesondere unsere syrischen Heimaturlauber seien von ständiger Verfolgung bedroht, sollten sie auf die Idee kommen, sie sich mit ihren Familien unter deutsche Badegäste mischen. Das ist natürlich übertrieben, denn immerhin können übersensible Badegäste an jeder Ecke günstige Schutzwesten und Helme erstehen. Selbst für unsere Kleinsten stehen bei einem eventuellen Stadtbummel in allen Foyers der Hotels gepanzerte Kinderwagen zur Verfügung, die auch einer Explosion durch eine Tretmine standhalten. Nichtsdestoweniger reisen derzeit Syrer in Scharen nach Hause, um endlich wieder für ein paar Wochen die Ruhe und Geborgenheit im Schoß der Familie zu regenerieren. Hier können sie wieder Kraft schöpfen, bevor es wieder zurück nach Deutschland geht.

Aber wie wir nunmehr vernehmen dürfen, hat sich unser Heimatbayer Horst Seehofer in deutlichen Worten über syrische Heimaturlaube geäußert. Er möchte nicht mehr, dass unsere Gäste mit staatlichen Mitteln und deutschen Steuergeldern ihren wohlverdienten Heimaturlaub antreten und bis zu einem Monat die südliche Sonne genießen. Unsere humanitäre Haltung habe inzwischen die Grenze des Erträglichen erreicht und er fordert deshalb auch gleiche Rechte für die eigenen Bürger. Die Ungerechtigkeit liegt auf der Hand, zumal der Durchschnittsverdiener sich heutzutage maximal 14 Tage All-Inclusive in der Türkei leisten kann. Recht hat er.

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